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Die Strahlenschutzverordnung, die seit dem 1. August 2001 in Kraft ist, regelt den Umgang mit radioaktivem Material, legt Grenzwerte fest für eine zumutbare Strahlenbelastung und regelt die Freigabe von kontaminiertem Material.

Einleitung

Um die Strahlenbelastung, die z.B. von radioaktiven Mineralien und Edelsteinen ausgeht, abschätzen zu können, müssen zwei Faktoren beachtet werden.

Zum Einen die Strahlendosis, die von einem Stein ausgesandt wird. Ihr Zugrunde liegt die spezifische Aktivität eines Steines. Sie bezeichnet das Verhältnis der Zerfallsrate eines radioaktiven Teilchens zur Masse des Materials, in dem es verteilt ist. Ihre Einheit ist Bequerell pro Gramm (Bq/g).

Zum Anderen die Strahlendosis, die vom menschlichen Körper tatsächlich aufgenommen wird und die je nach der betroffenen Körperregion und der Art der Strahlung unterschiedlich starke Auswirkungen haben kann. Diese Dosis wird effektive Dosis (E) genannt. Sie stellt ein Maß dar, für eine mögliche körperliche Schädigung. Ihre Einheit ist Sievert (Sv) bzw. Millisievert (mSv).

Sie errechnet sich aus der Summe der Organdosen HT, jeweils multipliziert mit dem zugehörigen Gewebe-Wichtungsfaktor WT. Dabei ist über alle Organe und Gewebe zu summieren.

In die Berechnung der effektiven Dosis fließen folgende Faktoren ein:

1. Der Gewebe-Wichtungsfaktor WT stellt ein Maß dar für die (schädliche)Auswirkungen einer ionisierenden Strahlung auf die verschiedenen Organe. Am empfindlichsten sind die Keimdrüsen, weshalb man besser keine radioaktiven Steine in der Hosentasche transportieren sollte. Radioaktiver Halsschmuck (z.B. aus Zirkon) beeinflusst vor allem die Speiseröhre und Schilddrüse.

Gewebe oder Organe Gewebe-Wichtungsfaktor WT

Keimdrüsen
Knochenmark (rot)
Dickdarm
Lunge
Magen
Blase
Brust
Leber
Speiseröhre
Schilddrüse
Haut
Knochenoberfläche

0,20
0,12
0,12
0,12
0,12
0,05
0,05
0,05
0,05
0,05
0,01
0,01
0,05

2. Die Organdosis (HT) ist die von einem Gewebe oder Organ (T) aufgenommene mittlere Energiedosis (= Organenergiedosis DT,R), die durch die Bestrahlung (R) erzeugt wird, multipliziert mit einem "Bewertungsfaktor", dem sog. Strahlungs-Wichtungsfaktor (WR).

HT,R= DT,R x WR

3. Der Strahlungs-Wichtungsfaktor WR trägt der Tatsache Rechnung, dass verschiedene Strahlungsarten unterschiedlich starke Auswirkung auf den menschlichen Körper haben. Ein Elektronenstrahl, wie er z.B. in Fernsehgeräten zum Einsatz kommt oder ein Laserstrahl (Photonen) habt eine wesentlich geringe Auswirkung auf den Körper, als z.B. eine Teilchenstrahlung in einem Atomkraftwerk.

Art und Energiebereich Strahlungs-Wichtungsfaktor WR
Photonen (alle Energien)
Elektronen und Myonen (alle Energien)
(z. B. Beta-, Gamma- und Röntgenstrahlung)

1
1

Neutronen mit Energie <10keV
10keV - 100keV
100keV - 2MeV
2MeV - 20MeV
>2MeV

5
10
20
10
5

Protonen (außer Rückstoßprotonen)
(Energie >2MeV)

5

Alphateilchen, Spaltfragmente,
schwere Kerne

20

 

Neue Grenzwerte

Am 14.3.2001 hat das Bundeskabinett eine Novelle der Strahlenschutzverordnung beschlossen. Der Bundesrat hat dem Verordnungsentwurf am 1. Juni 2001 im Grundsatz zugestimmt. Im Zuge der umfangreichen Novellierung werden in ersten Linie europäische Vorgaben der Richtlinien 96/29/EURATOM ("EURATOM-Grundnormen") und 97/43/EURATOM ("Patientenschutz-Richtlinie") in deutsches Recht umgesetzt. Die Strahlenschutzverordnung wurde gleichzeitig neu gefasst.

Wichtiger Eckpunkt der Neuregelung ist die Absenkung der Dosisgrenzwerte für die Bevölkerung und für die Arbeitskräfte. Zum Schutz der Bevölkerung vor Strahlenexpositionen aus zielgerichteter Nutzung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlung wird der Grenzwert von 1,5 auf 1mSv im Kalenderjahr abgesenkt; der Grenzwert für beruflich strahlenexponierte Personen wird von 50 auf 20 mSv gesenkt.

Ausgedehnt wird der Strahlenschutz auf Strahlenexpositionen durch natürliche Strahlungsquellen. Es werden Strahlenschutzanforderungen bei Expositionen aus natürlichen Strahlungsquellen für Arbeitskräfte festgelegt, Vorsorge-, Schutz- und Überwachungsmaßnahmen sowie ein Grenzwert von 20 mSv für die effektive Dosis im Kalenderjahr vorgeschrieben.

Freigaberegelung

Erstmals wird auch die Freigabe für Stoffe aus genehmigungsbedürftigem Umgang mit radioaktiven Stoffen bundesweit und umfassend geregelt. Die Frage, ab welcher Strahlendosis der fragliche Stoff (z.B. ein Mineral oder Edelstein) seine rechtliche Einordnung als radioaktiv verliert und uneingeschränkt in Umlauf gebracht werden kann, beschäftigte eine Vielzahl von Gremien. Im Zuge der wissenschaftlichen Diskussionen und Prüfungen hat sich mittlerweile ein internationaler Maßstab durchgesetzt, wonach eine Entlassung aus der strahlenschutzrechtlichen Überwachung dann verantwortet werden kann, wenn sie zu Strahlenexpositionen führt, die allenfalls im Bereich von 0,01 Millisievert (mSv) im Kalenderjahr für Einzelpersonen der Bevölkerung liegen.

Diese Dosis von 0,01 mSv pro Jahr liegt weit unterhalb der Dosen durch natürliche radioaktive Strahlung und unterhalb der Strahlungspegel, die zeitweise im Alltag auftreten. So liegt die natürliche Strahlenbelastung in Deutschland durchschnittlich bei 2,4 mSv pro Jahr. Entsprechend den geografischen und geologischen Gegebenheiten kann sie stark Variieren. So beträgt sie in Hamburg auf Meereshöhe ca. 0,4 mSv, in den Granitgebieten des Schwarzwaldes durch die im Gestein enthaltenen radioaktiven Minerale jedoch ca. 30 mSv. Typische Werte einer Röntgenaufnahme betragen ca. 0,1 –1 mSv, bei einem Nordatlantikflug ergeben sich ca. 0,1 mSv, in 10.000m Höhe sogar 70,0 mSv.

Internationale Umsetzung (Stand 2001)

Zur Zeit werden in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindliche Freigaberegelungen entwickelt, sofern nicht schon vorhanden. Auch andere Staaten, z. B. USA und Japan, kennen dieses Instrument. Orientierungswert für die Entlassung aus der staatlichen Überwachung ist bei allen Staaten 0,01 mSv.

Weitere Informationen zum Thema lesen Sie bitte in unserem Artikel Radioaktive Edelsteine.

Laden Sie hier die neue Strahlenschutzverordnung 2001 als pdf-Datei herunter: BGBl 38


Autor: Dipl.- Min. B. Bruder

© INSTITUT FÜR EDELSTEIN PRÜFUNG (EPI)

 

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