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Von all den Edelsteinen, die in den letzten Dekaten bestrahlt wurden, ist nur noch der Blautopas kommerziell erhältlich.

Foto: K. Sieber, www.makrogalerie.de

 

Edelsteine und Radioaktivität sind ein sensibles Thema. Um einen weit verbreiteten Irrtum gleich zu Beginn zu klären: Nicht jeder radioaktiv bestrahlte Edelstein wird durch die Behandlung selbst radioaktiv. Nur ganz wenige Edelsteinsorten können bei bestimmten Techniken der Bestrahlung aktiviert werden und radioaktive Strahlung aussenden. Edelsteine, die in nachfolgendem Artikel nicht als aktiv strahlend gekennzeichnet sind, sind auch nicht radioaktiv. Wer gleich wissen möchte, welche Edelsteine das sind, möge gleich zum Absatz "Fazit" scrollen.

Die Vielzahl von natürlichen, radiaktiven MINERALIEN und deren Gefahrenpotential ist nicht Thema dieses Artikels. Hier geht es speziell um künstlich bestrahlte EDELSTEINE.

Historische Entwicklung

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man durch die systematische Erforschung der Farbursachen bei Mineralien herausgefunden, daß manche Varietäten ihre intensiven Farben dem Einfluss von natürlicher Strahlung verdanken. Rauchquarz und Amethyst, violetter Fluorit, blaues Salz, gelbe Saphire und grüne Diamanten, sie alle erhalten ihre Farbe durch die Einwirkung von natürlicher Radioaktivität. Die Strahlungsquelle kann das umgebende Gestein, in selten Fällen auch Höhenstrahlung sein. Erste Experimente, diese Prozesse künstlich nachzuahmen waren vielversprechend.

Mitte des Jahrhunderts wurden künstlich bestrahlte Rauchquarze hergestellt, die jedoch noch keine kommerzielle Bedeutung erlangten. Erst mit der Entdeckung, dass farbloser Topas durch Bestrahlung und anschließendem Erhitzen intensiv blaue Farbtöne hervorbringen kann, wurde ein kommerzieller Durchbruch erzielt. Inzwischen werden pro Jahr mehrere Tonnen Topas bestrahlt und verarbeitet.

Strahlungsarten und ihre Auswirkungen auf den betroffenen Edelstein

Die Strahlungsarten, denen Edelsteine ausgesetzt werden, reichen von energiereicher elektromagnetischer Strahlung (Gamma- oder Röntgen-Strahlung), Partikelstrahlung (Beta-Strahlung) bis hin zum Beschuss mit freien Neutronen und Protonen. Einzig und Allein bei dieser letztgenannten Bestrahlungstechnik können als Nebenprodukt Elemente entstehen, die zu einer merklichen Radioaktivität des Steines führen. Diese Kollateralstrahlung kann z.B. bei grünen und schwarzen Diamanten auftreten, wenn einschlussreiches Ausgangsmaterial verwendet wurde oder bei Blautopas, der mit Neutronen beschossen wurde (und nur dann). Solcher mit Neutronenstrahlung behandelter Topas (typischerweise in der Farbe "London Blue") kann noch mehrere Jahre lang eine meßbare Radioaktivität aufweisen. Deshalb muss er erst einmal in Quarantäne, bis seine Radioaktivität auf die gesetzlich festgelegten Grenzwerte (siehe unten) abgeklungen ist. Mit Elektronen betrahlter Blautopas zeigt hellere Farbtöne (Handelsnamen: "Electric Blue") und ist nicht radioktiv.

Strahlenbelastung und Grenzwerte

Radioaktive Edelsteine und solche, die durch künstliche Bestrahlung aktiviert wurden, dürfen nur dann an Personen weitergegeben werden, wenn ihre spezifische Aktivität 100 Bq pro Gramm nicht überschreitet.

Der Umgang mit radioaktiven Edelsteinen (Lagerung, Be- und Verarbeitung) ist genehmigungspflichtig, wenn die spezifische Aktivität des Steins 0,5 Bq/gr überschreitet.

 

Künstliche Farbveränderung durch Bestrahlen

In der folgenden Tabelle sind diejenigen Edelsteine aufgelistet, bei denen eine Farbveränderung durch künstliche Bestrahlung möglich ist. Bei einigen Steinarten, kann die Bestrahlungsfarbe im Sonnenlicht ausbleichen. Solche instabilen Farbvarietäten sind durch ein Sternchen (*) direkt hinter der jeweiligen Farbe gekennzeichnet. Edelsteine, die durch die Bestrahlung selbst aktiv Strahlung aussenden können, sind durch ein [R] hinter der jeweiligen Farbe gekennzeichnet. Wo kein [R] steht, ist in den letzten 50 Jahren bis heute auch niemals eine messbare Radioaktivät bekannt geworden.

 

Edelstein Farbe vor der Bestrahlung Farbe nach der Bestrahlung potentielle Radioaktivität von bestrahlten Steinen
Beryll

blass grün bis gelb

grün bis goldgelb

nein, beziehungsweise nicht im Handel

blass rosa orangerot

farblos

dunkelblau* [R]

 

* Farbe ist instabil (verblasst im Sonnenlicht)
Chrysoberyll-Katzenauge blass grün

dunkelbraun

nein, beziehungsweise nicht im Handel
Diamant farblos, blassfarben blau, braun, schwarz [R], grün [R] nein, beziehungsweise nicht im Handel
gelblich, bräunlich gelb, pink, rot (zusätzlich erhitzt) nein
Fluorit farblos grün, blau, violett nein
Perlen

weiß

  nein
Quarz

farblos

rauchgrau, schwarz, violett, hellgrün nein
Saphir

farblos

gelb* * Farbe ist instabil (verblasst im Sonnenlicht)
rosa orange*

blass gelb

intensiv gelb nein, beziehungsweise nicht im Handel

blass grün

grün
Spodumen rosa grün*, violett* (selten) * Farbe ist instabil (verblasst im Sonnenlicht)
farblos gelb* (selten)
Topas farblos

gelb, orange, grün

nein
braun [R], blau [R] ja ("Swiss Blue", "London Blue")
Turmalin blass rosa, blassblau, blassgrün rosa bis rot nein
blassgelb
blassgrün
gelb, pfirsichfarbig, orange
dunkel blau, dunkel grün

lila (purpurrot) 

 [R] Radioaktivität möglich

 

Deklarationsbestimmungen

In jedem Kaufhauskatalog findet man Schmuckstücke mit blauem Topas. Die übliche Bezeichnung lautet dort: "Blautopas, behandelt" und behandelt meint in diesem Falle: bestrahlt und erhitzt.

Nach der deutschen Rechtsprechung müssen bestrahlte Steine ausnahmslos als "bestrahlt" oder "behandelt" deklariert werden. Dies gilt für alle geschäftlichen Dokumente, Rechnungen, Werbeprospekte, Beschriftungen auf Börsen usw.

Wie groß ist das Risiko mit radioaktivem Material konfrontiert zu werden?

Nach Einschätzung des EPI-Labors ist das Risiko äußerst gering. In den letzten 20 Jahren wurden am Institut für Edelstein Prüfung KEINE bestrahlten Edelsteine vorgelegt, die die oben genannten Grenzwerte überschritten.

Wirtschaftliche Erwägungen

Im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden, ist die künstliche Bestrahlung einiger Edelsteine relativ gering verbreitet. Setzt man einmal den Bestrahlungsaufwand in Relation zum erzielbaren Resultat, so wird unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität schnell klar, daß nur Edelsteine eine kommerzielle Chance haben, die die folgenden Bedingungen erfüllen:

1. Die Farbe sollte stabil sein. Bei blauem Beryll (Maxixe Typ), grünem Spodumen (Hiddenit) und z.T. gelbem Saphir ist das nicht der Fall.

2. Die Bestrahlungskosten sollten niedriger sein, als der zu erwartende Verkaufserlös. Gamma- oder Röntgenstrahlen sind leicht verfügbar und preisgünstig, eine Bestrahlung mit Neutronen- oder Protonen ist deutlich teurer. Deshalb werden generell nur Steine behandelt, die auch einen entsprechenden Marktwert erzielen.

3. Die natürliche Verfügbarkeit sollte gering und/oder die Nachfrage groß sein.

Fazit

Die oben genannten Bedingungen erfüllen im wesentlichen nur vier Minerale: blauer Topas, farbiger Diamant, roter Turmalin und Rauchquarz. Diese Vier werden real zum Verkauf angeboten. Alle anderen in diesem Artikel genannten Edelsteinsorten sind nur extrem selten anzutreffen. Schwarzer und grüner Diamant sind in der Vergangenheit hin und wider mit einer messbaren Radioaktivität in den Handel gelangt. Die derzeit vermehrt angebotenen Ketten und Armbänder aus schwarzen Diamantsplttern oder Rohdiamanten sind jedoch durchweg natürliche (unbestrahlte) Diamanten, von denen keine Gefahr ausgeht. Bleibt einzig und allein noch der blaue Topas in der Farbe "London Blue", der möglicherweise Radioaktiv sein kann. "London Blue" ist ein dunkler, leicht ins Graue gehender Farbton. Nicht betroffen sind die allgegenwärtigen hellblauen, neonblauen, strahlend hellen Farbtöne. Bei diesen hellfarbigen Blautopasen wurde noch nie Radioaktivität gemessen.

Natürliche radioaktive Schmucksteine

An dieser Stelle ist vor allem grüner Zirkon zu nennen, der von Natur aus radioaktiv sein kann. Manchmal kann er so viele radioaktive Einschlüsse enthalten, dass seine Kristallstruktur zerstört wird (metamikt). In Apatit und Titanit ist die natürliche Radioaktivität meist geringer als die natürliche Hintergrundstrahlung. Heliodor von der Mine Rössing in Namibia, Ekanit und Monazit sind nur für Sammler interessant.

Mineral Farbe Natürliche Strahlenquelle
Apatit (*) blau, grün, gelb Uran (U), Ce, Eu, La, Th und Y
Ekanit grün, hellbraun Thorium (Th)
Heliodor (Lagerstätte Rössing, Namibia) gelbgrün Uran (U)
Monazit gelbbraun Thorium (Th)
Titanit (*) gelb bis braun, grün bis schwarz Uran (U), Ce, Eu, La und Th
Zirkon (metamikt) grün Uran (U), Thorium (Th)

 (*) Radioaktivität meist nicht messbar

 


Autor: Dipl.-Min. B. Bruder

© INSTITUT FÜR EDELSTEIN PRÜFUNG (EPI)

 

 

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Bisherige Kommentare:

30 Kommentare

  • Sehr geehrte Damen und Herren!
    Der Topas "London Blue" war viele Jahre lang mein Lieblingsstein war wegen der schönen Farbe Petrol.
    Nun macht mir die Tatsache, dass er radioaktiv ist, Angst. Ich habe mehrere ständig getragen bzw. sie liegen
    noch immer auf meinem Nachtkästchen. 
    Hier wird gesagt, radioaktive Edelsteine müssten zuerst in die Quarantäne, bis sie in den Verkauf gelangen,
    aber kann man sich darauf verlassen? Auf YouTube gab es einmal eine Warnung ausgerechnet vor dem
    blassblauen Topas, der doch ungefährlich ist, wenn ich alles richtig verstanden habe. 
    Zwar bin ich jetzt in einem Alter, in dem man sowieso keine lange Zukunft mehr hat aber trotzdem ...
    darf ich um ein paar Worte der Aufklärung bitten?
    Danke im voraus, auch wenn ich keine Antwort bekommen sollte.
    Freundliche Grüße
    Elisabeth Zamecnik 
     
    • Nun macht mir die Tatsache, dass er radioaktiv ist, Angst.

      Diese Angst ist unbegründet. Blautopas in der Farbe "London Blue" kann nur wenige Monate nach seiner Behandlung radioktiv sein. Wenn Sie die Schmuckstücke schon mehrere Jahre besitzen, ist dieses Zeitfenster längst verstrichen.

       

      Bearbeitet am Freitag, 26. Januar 2024 11:43 von EPI-Team:.
  • Ich habe einen blassgrünen Heliodor aus Brassilien erstanden. Kann dieser radioaktiv sein und muss ich ihn entsorgen oder betrifft die Radioaktivität nur die genannte Fundstelle in Namibia?
    • Heliodor aus Brasilien ist in Bezug auf potentielle Radioaktivität völlig unbedenklich. Der erwähnte Heliodor aus der Rössing-Mine in Namibia trägt Uranerze als Einschlüsse mit sich. Rössing ist die weltweit größte Uran-Tagebau-Mine und damit ziemlich einzigartig, was die Lagerstätten von Heliodor betrifft.

      Bearbeitet am Donnerstag, 08. Juni 2023 12:56 von EPI-Team:.
  • Hallo, ich habe zwei Chaorit / Tschaorit Ketten in Indien gekauft. Es handelt sich wohl um russischen Chaorit mit gelben Einschlüssen. Sind solche Steine evtl. Radioaktiv?
    • Möglich wäre es. Wenn es sich um gelbliche Tinaksit-Einschlüsse handelt, könnte möglicherweise Radioktivität freigesetzt werden. Mit Hilfe eines Geigerzählers können Sie sich Gewissheit verschaffen. Das können wir auch hier im EPI-Labor für Sie machen.

      Bearbeitet am Montag, 27. Februar 2023 13:23 von EPI-Team:.
  • Bergkristall aus der Ukraine

    Kann Bergkristall aus der Ukraine nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl radioaktiv sein?

    • Bergkristall aus der Ukraine

      Bergkristall (Quarz, Siliziumdioxid) kann weder durch eine natürliche, noch durch eine künstliche Bestrahlung radioaktiv werden. Auch die durch natürliche oder künstliche Strahlung braun/grau gewordenen Quarze, die wir als "Rauchquarz" kennen, sind nie radioaktiv.

    • Bei australischen Opalen wurde im Muttergestein eine erhöhte Radioaktivität gemessen. Bei den Opalen selbst konnten wir bisher keine erhöhte Radioaktivität feststellen. Auch bei Opaladern mit Muttergestein (Bounderopalen etc.) lag die Radioaktivität bisher stets unterhalb unserer Nachweisgrenze von 0,1 MikroSievert/h. Dies gilt auch für Opale von anderen Vorkommen (Äthiopien, Honduras, Mexiko).

  • Hallo,
    ich habe einen leuchtend blau-türkisen Topas gekauft auf dem Flohmarkt und bin jetzt unsicher, ob er radioaktiv sein könnte?
    Danke und Grüße

  • Guten Tag!

    Wie sieht es mit blauem Apatit aus? Habe vor kurzem jemanden mit einem Messgerät dagehabt. Demnach kam die Menge auf eine Strahlung von 1 mikrosivert/h direkt an der Quelle. Auch größere Rohfluorite würden mich interessieren.
    Danke

    • Apatit kann radioaktiv strahlende Elemente enthalten. In allen gemessenen Fällen lag die Dosis unterhalb der hier am Standort des EPI-Labors in Süddeutschland herrschenden natürlichen Hintergrundstrahlung von 0,7-1,2 Mikrosievert pro Stunde. Bei dem von Ihnen gemessenen Wert liegen wir in einem Bereich, der als "unschädlich" angesehen wird.

      Zu Fluoriten haben wir keine Informationen.

  • Guten Tag, danke für den Artikel. Ich hätte eine Frage: wenn ich online danach suche, sagen mehrere Quellen, dass auch Aventurin und Heliotrop zur Farbaufwertung bestrahlt werden können.
    Die finden sich in ihrer Liste jedoch nicht. Haben Sie diese Steine nicht mit aufgenommen, weil sie "billiger" sind oder macht eine Bestrahlung bei diesen Steinen keinen Sinn?
    Ihr Kostenargument finde ich insbesondere einleuchtend. Die steine haben jeweils nur 3€ gekostet. Kann man eine Bestrahlung schon ausschließen, weil der Verkaufserlös zu niedrig ist?

    • Wir haben diese Steine nicht aufgenommen, weil sie definitiv NICHT bestrahlt werden. Sowohl Heliotrop als auch grüner Aventurin-Quarz erhalten ihre grüne Farbe durch grüne Einschlüsse. Die können durch Bestrahlung nicht vermehrt werden.

  • Hallo habe einen Rubin, Citrin und ein Topas (leicht/bläulich/grünlich) in Indonesien erworben. Falls einer belastet ist wie ist der zu entsorgen? VG Volker

    • Theoretisch müssen die Steine von Ihrem kommunalen Abfallentsorger als Sondermüll entsorgt werden. Erfahrungsgemäß wissen diese Ansprechpartner aber nichts mit radioaktiv strahlendem Material anzufangen und schicken Sie wieder nach Hause. Dann bleibt Ihnen nur die Option, radioaktive Steine irgendwo zu vergraben.
      Bei den beschriebenen Steinen sehen wir aber keinen Handlungsbedarf.

  • Hallo! Wie muß man die Becquerelwerte verstehen? Sind doppelt so hohe Werte doppelt so schlimm oder vielleicht viermal so schlimm (quadratische Skala) o.ä.? Spielt die Entfernung eine Rolle, etwa am Leib getragener Schmuck im Gegensatz zu Gegenständen in 1 Meter Entfernung? Danke

    • Die Becquerelwerte sind - was die Schädlichkeit auf den menschlichen Organismus betrifft - nicht skalierbar. In der Tat spielt die Art der Strahlung und die Entfernung der Strahlungsquelle und die Körperregion/Organe, die von der Strahlung betroffen sind, eine entscheidende Rolle für die Schädlichkeit.
      Um die Strahlenbelastung biologischer Organismen zu bestimmen - und damit eine Maßzahl für die Schädlichkeit zu erhalten - muss die Strahlendosis bestimmt werden, gemessen in Sievert/Mikrosievert. Siehe auch: [url]https://de.wikipedia.org/wiki/Sievert[/url]