klassischer adularisierender Mondstein (links) & labradorisierender »Regenbogen-Labradorit« (rechts)
Foto: K. Sieber, www.makrogalerie.de
Sowohl der klassische »Mondstein«, als auch der unter dem umstrittenen Handelsnamen "Regenbogen-Mondstein" bekannte »Regenbogen-Labradorit« sind Mitglieder der größten Mineralgruppe, die uns auf der Erdoberfläche zugänglich ist: der Feldspat-Gruppe. Ob Granit, Gneis, Basalt oder Rhyolith, in fast allen Gesteinen der Erdkruste stecken Feldspäte. Zusammen mit Luft und Wasser zersetzen sie sich und bilden fruchtbare Böden. Die dabei freigesetzten Elemente Kalium, Natrium und Calcium sind für das Pflanzenwachstum - und somit für unsere Ernährung - unentbehrlich.
So alltäglich und ausgesprochen irdisch diese Mineralgruppe auch ist, einige wenige Exemplare erweckten durch ihren speziellen Oberflächenschimmer schon früh die Aufmerksamkeit von Menschen. Wohl aufgrund des silbrigen bis bläulich-weißen Lichtschimmers glaubte man sowohl im alten Indien als auch in Rom, sie seien auf geheimnisvolle Weise durch die Strahlen des Mondlichts entstanden. Deshalb wurden sie »Mondstein« genannt.
» Mondstein «
Abb. 1: Mischbarkeit von K (Kalium), Na (Natrium) und Ca (Calcium) -haltigen Feldspäten
Grafik © EPI
Unter den Begriff »Mondstein« fallen alle Mitglieder der Feldspat-Gruppe, die einen diffusen weißen oder blauen Lichtschimmer zeigen, der mit Veränderung des Betrachtungswinkels sanft über eine rundlich geschliffene Oberfläche gleitet. Dieser optische Effekt wird "Adularisieren" genannt. Er tritt überall da auf, wo Feldspäte räumlich gleichförmige, feine Strukturen unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung entwickelt haben.
Diese Strukturen entstehen bei tiefen Temperaturen durch Separierung (Entmischung) aus einem einst homogenen Hochtemperatur-Feldspat. Feldspäte, die Kalium (K), Natrium (Na) oder Calcium (Ca) enthalten, sind bei hohen Temperaturen gut miteinander mischbar und bilden homogene Kristallkörper. Beim langsamen Abkühlen wird der Raum zwischen den Atomen jedoch kleiner. Vor allem Moleküle, die die etwas größeren Kaliumatome enthalten, bilden eigene Kristalle. Abb. 1 stellt die Mischbarkeit von Feldspäten bei tiefen Temperaturen dar. Wie man sieht, gibt es insgesamt vier Bereiche mit chemischen Zusammensetzungen, die in der Natur nicht vorkommen. Diese Bereiche werden Mischungslücken (miscibility gaps) genannt.
Die entmischten Feldspäte werden je nach Mengenverhältnis der beteiligten Partner unterschiedlich bezeichnet. Orthoklas, der Albit entmischt hat, wird »Perthit« genannt. Albit, der Orthoklas entmischt hat, heißt »Antiperthit« und Albit, der Oligoklas entmischt hat, heißt »Peristerit«. Für Labradorit, der Andesin entmischt hat, gibt es noch keinen eigenen Namen.
Die klassischen Mondsteine aus Sri Lanka und Südindien besitzen die chemische Zusammensetzung von Orthoklas, der feine, spindelförmige Strukturen aus Albit enthält. Er ist also ein Perthit.
Als zusätzlicher Lichteffekt kann in indischen Mondsteinen ein Katzenaugeneffekt (»Mondstein Katzenauge«) auftreten oder selten ein vierstrahligen Stern (»Stern-Mondstein«). Plättchenförmige Einschlüsse von Hämatit können einen glitzernden Lichteffekt (Aventurisieren) hervorrufen. Diese glitzernden Mondsteine werden auch »Sonnen-Mondstein« genannt. Besser wäre es, sie als »Aventurin-Mondstein« zu bezeichnen.
2004 in Tansania entdeckte Mondsteine bestehen aus Albit, der feine lamellenförmige Strukturen aus Oligoklas entmischt hat. Feldspäte mit dieser Mineralzusammensetzung werden als »Peristerit- Mondstein« oder »Tansania-Mondstein« bezeichnet (Henn, 2005).
»Regenbogen-Labradorit« ("Regenbogen-Mondstein")
Abb. 2: »Regenbogen-Labradorit«
Foto: K. Sieber, www.makrogalerie.de
Regenbogen-Labradorit aus Indien ist eine Art Zwitter aus zwei chemisch verschiedenen Feldspäten. Er besteht aus Labradorit, der mikroskopisch dünne Lamellen von Andesin entmischt hat. Zu Cabochons geschliffene Steine zeigen einen intensiven blauen Schimmer, der meist von bunten Farben (goldgelb über grün bis violett) begleitet wird. Sehr hochwertige Steine können einen Mondsteinschimmer (Adulareszenz) gepaart mit einem deutlichen Labradorisieren zeigen (Henn, 2006).
Der Lichteffekt des Labradorisierens ist die Folge von Entmischungsvorgängen, ausgelöst durch die Auswirkungen der sogenannten Bøggild-Mischungslücke. Feldspäte, deren chemische Zusammensetzung im Bereich dieser Lücke liegen, sind gezwungen, in Feldspäte zu kristallisieren, deren chemische Zusammensetzung außerhalb der Mischungslücke liegt. Sie bilden Bereiche, in denen Labradorit und Andesin - die verschiedene optische Eigenschaften besitzen - auf kleinstem Raum lamellenartig verwachsen sind. Das Farbenspiel entsteht durch Beugung und Interferenz des Lichtes an diesen feinen Lamellen. Möglicherweise tragen auch lamellenförmige Zwillingsbildungen zu diesem Effekt bei.
Bei genauem Betrachten sind die Unterschiede von Adularisieren und Labradorisieren gut erkennbar. Adularisieren erzeugt einen Lichtschimmer in immer nur einer einzigen Farbe (weiß oder blau). Bei rundlich geschliffenen Steinen tritt er als seidig glänzender Streifen auf, niemals als bunt schillernde Fläche. Labradorisieren hingegen erzeugt bunte Farben, die meist flächig auftreten.
Weitere Unterscheidungskriterien
Orthoklas Mondstein | Regenbogen Labradorit | |
Kristallsystem | monoklin | triklin |
Lichtbrechung | 1,518 - 1,526 | 1,565 - 1,575 |
Dichte | 2,55 - 2,57 | 2,70 - 2,72 |
Farben | weiß, grau, beige, braun, rosa | weiß |
Tab. 1: physikalische Eigenschaften von Orthoklas und Labradorit
Klassischer Mondstein und Labradorit unterscheiden sich deutlich in ihren physikalischen und optischen Merkmalen. Sie kristallisieren nicht nur in verschiedenen Kristallsystemen, sondern haben auch verschiedene physikalische Eigenschaften (siehe Tabelle 1). Darüber hinaus besitzt Labradorit im Vergleich zum klassischen Mondstein eine bessere Spaltbarkeit, was sich negativ auf die Haltbarkeit der fertig geschliffenen Steine auswirkt.
Ist "Regenbogen - Mondstein" echter Mondstein?
Inwieweit »Regenbogen-Mondstein« als "echter Mondstein" gelten darf, ist unter Händlern oft Anlass für Kontroversen. In Veröffentlichungen der Deutschen Gemmologische Gesellschaft (DGemG) wurde er zunächst als "labradorisierenden Andesin-Mondstein aus Indien" (Henn, 2006) bezeichnete, später dann als „Plagioklas im Grenzbereich Andesin/Labradorit“ (Henn et al., 2014).
Das Gemmological Institute of Amerika (GIA) betrachtet "Regenbogen-Mondstein" einfach als eine Varietät von Labradorit ("A variety of labradorite is sometimes called rainbow moonstone"). Die Frage "Is rainbow moonstone really moonstone?" wird beantwortet mit: "Rainbow moonstone is transparent labradorite, a closely related feldspar mineral with sheen in a variety of iridescent colors. Although it’s technically not moonstone, it’s similar enough that the trade has accepted it as a gem in its own right." (www.gia.edu/gia-faq-rainbow-moonstone-really-moonstone).
Der Name "Regenbogen-Mondstein" wird heutzutage als eigenständiger Begriff angesehen für Labradorit-Feldsäte mit labrdorisierendem Farbenspiel.
Auch in der Bewertung von klassischem "Mondstein" und "Regenbogen-Mondstein" macht der Handel aus 2 Gründen klare Unterschiede:
1. Regenbogen-Labradorite stehen in weitaus größeren Mengen zur Verfügung, als die klassischen "Mondsteine".
2. Bedingt durch ihre sehr gute (vollkommene) Spaltbarkeit sind Regenbogen-Labradorite bruchempfindlicher als die klassischen "Mondsteine". Beim Bearbeiten, Fassen und Tragen der Steine kommt es eher zu Problemen durch Absplitterungen als bei klassischen Mondsteinen.
Fazit
Weißer Labradorit-Feldspat mit buntem Farbenspiel wird im Handel als einständige Klasse unter dem Handelsnamen "Regenbogen-Mondstein" geführt. Im EPI-Labor wird dieser Schmuckstein als »Regenbogen-Labradorit« bezeichnet. Ergänzend wird in Zertifikaten und Befundberichten der Satz hinzugefügt: "Wird im Handel auch als »Regenbogen-Mondstein« bezeichnet."
Lit.: Henn, U. (2005) Tansania-Mondstein: Albit (Peristerit) mit blauem Flächenschimmer, Gemmologie, 54, 2/3, 114-117
Henn, U. (2006) Regenbogen-Mondstein aus Indien, Gemmologie, 55, 3/4, 133-135
Autor: Dipl.-Min. B. Bruder
© INSTITUT FÜR EDELSTEIN PRÜFUNG (EPI)
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